Sammle meine Tränen in einem Krug

Psalm 56, 9

Liebe Schwestern und Brüder,

zu jeder Zeit tut es gut, seine persönlichen Gedanken und Gebete, Anliegen und Fürbitten vor Gott zu bringen. Besonders in Krisenzeiten wird uns dies immer wieder neu bewusst. Da derzeit keine öffentlichen Gottesdienste gefeiert werden können, halte ich jeden Tag eine Heilige Messe alleine in der unserer Pfarrkirche und bete, dass Gott uns in dieser schwierigen Zeit beisteht und uns mit seiner Gnade auf unserem Lebensweg weiter stärkt.

Das tue ich mit den Worten:

„Dass wir allen Komfort und die Bequemlichkeiten, die unser Leben umgaben, nicht oft genug als Segen betrachtet haben, sondern als selbstverständlich hingenommen haben. Vergib uns, Gott.

Für alle von uns, die jetzt allein und nicht in der Gemeinschaft trauern müssen. Tröste uns, Gott.

Für alle von uns, die sich um die Kranken kümmern. Beschütze uns, Gott.

Gib uns die Fähigkeit, all die Angstmacherei, die wenig hilfreichen Kommentare und die schlimmsten Szenarien nicht andauern anzuklicken. Stärke uns, Gott.

Für alle, denen nichts Kreatives mehr einfällt, was ihnen hilft, die Zeit mit den Kindern in der Wohnung durchzustehen. Inspiriere uns, Gott.

Für die unter uns, die sich jetzt zuhause selber Ponys schneiden. Leite uns an, Gott.

Die Gnade, dass wir und andere jetzt einfach nicht produktiv und kreativ sein müssen. Schenke sie uns, Gott.

Dass diejenigen großzügig sind, die jetzt mehr Kraft als andere haben. Mach es möglich, Gott.

Befreie uns von selbstsüchtigen Neigungen. Wir sind doch deine Kinder und niemand von uns hat schon einmal eine Pandemie erlebt. Lieb uns, so wie wir sind, Gott.

In den Tagen, die kommen, sei bei uns. Gott, ungebunden an die Zeit, du bist schon gegenwärtig in der Zukunft, die wir heute fürchten.

Hilf uns, das zu glauben, Gott. Amen“

(Gebet von Nadia Bolz-Weber (Übersetzung von Kathrin Oxen)

 

Wenn Ihnen ein Anliegen auf dem Herzen liegt, welches Sie nicht nur im persönlichen Gebet, sondern im Rahmen einer Heiligen Messe vor Gott tragen möchten, dann ist dieses auch weiterhin möglich.

Ich möchte Sie einladen, Ihre Tränen der Trauer, des Leids, der Wut, der Erinnerung, des Dankes… und all Ihre Bitten aufzuschreiben und diese, wenn Sie zum stillen Gebet in die Kirche kommen, in den dafür vorbereiteten Krug zu legen.

Ihre Anliegen, Fürbitten und Sorgen nehme ich in das Hochgebet der Hl. Messe mit hinein.

Sammle meine Tränen in einem Krug (Psalm 56, 9)

Die gesammelten ‚Tränen‘ werden wir im ersten Gottesdienst, den wir nach der Corona-Krise gemeinsam feiern dürfen, verbrennen.

Jesus Christus schenkt uns die Hoffnung auf Auferstehung nach dem Tod – Die Hoffnung auf Auferstehung im Leben: Im Durchleben von Leid und Trauer, im Hier und Jetzt. Möge uns die Kraft der betenden Gemeinschaft stärken und wir im Gebet verbunden bleiben.

Ihr Pfarrer Jozef Lagowski